VIADUKT · Hilfen für psychisch Kranke e.V. · 40 Jahre 1979 - 2019
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Unser Leitbild

„Wer nicht weiß, wo er hin will, darf sich nicht wundern, wenn er woanders ankommt“ (Mark Twain)

 

Als Ende 2003 der Startschuss zum Bau des Jakob-Van-Hoddis-Hauses erfolgte, war den beiden Geschäftsführerinnen klar, dass sich damit die Struktur des Vereins gravierend ändern würde - schließlich war mit dem Bau und Eröffnung des Wohnheimes fast eine Verdoppelung der Mitarbeiterzahl verbunden.
Damit stellte sich die Frage, wie der Verein künftig zu steuern wäre.

Jutta Kraus und Elisabeth Killermann befanden sich zu dieser Zeit in einem Zusatz-studium in Organisationsentwicklung und –supervision. So bot es sich an, die Steuerung der Organisation zum Thema der Abschlussarbeit zu machen.
Die Entscheidung fiel auf ein zeitgemäßes, werteorientiertes Steuerungssystem, ausgehend von einem Leitbild als Grundlage.

Zu diesem Zeitpunkt gab es bei VIADUKT noch kein ausgearbeitetes Leitbild.
So machten sich die Mitarbeiter und die Geschäftsführung mit Unterstützung eines außenstehenden Moderators 2004 mit einem Starter-Tag an die Arbeit:
Gemeinsam wurde überlegt, wofür VIADUKT steht und an welchen Werten sich die Arbeit orientieren soll.
Es kristallisierten sich wesentliche Schlüsselbegriffe, ein Werte-Konsens, für die tägliche Arbeit heraus.

 

5 Schlüsselbegriffe prägten die entstehung des Leitbildes:

1.Integration (heute Inklusion) bedeutet Eingliederung in ein größeres Ganzes, Einbeziehung.
Teil eines Ganzen zu sein, dazuzugehören, ist eine „normale“ Bestrebung, weil es wichtig für die Identität von Menschen ist.

Behindert zu sein bedeutet in unserer Gesellschaftsform die Gefahr von Ausgrenzung (Leistungsdenken, Schönheitsideale, Arbeitsmarkt, etc.), weil Menschen mit Behinderung „anders“ sind.

Mittlerweile ist das Benachteiligungsverbot von Menschen mit Behinderung sogar ins Grundgesetz aufgenommen worden: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Ziel unserer Arbeit ist, dass unsere Klienten wieder zu einem Teil des Ganzen werden, auch mit ihrer Andersartigkeit.

Für unsere Arbeit heißt das konkret, dass wir im normalen Umfeld tätig werden und Unterstützungsangebote bereitstellen, die der Ausgrenzung entgegenwirken

Integration als Eingliederung in ein größeres Ganzes bestimmt auch die Richtung, unter der mögliche Angebotserweiterungen beleuchtet werden.

2.Kompetenz bedeutet für uns die Fähigkeit von Klienten, mit Anforderungen, die das Leben stellt, zurechtzukommen und umgehen zu können.

Der Mensch ist für uns ein lernendes System; ein Zuwachs an Kompetenz ist möglich in jeder Altersstufe

Behinderung – ob angeboren oder später entwickelt/erworben – bedeutet Einschrän-kung der Möglichkeiten.
Diese Einschränkung hat sich bei unseren Klienten im Lauf der Jahre oft auf ein Maß erhöht, das kaum mehr Freiheit/ Handlungsspielraum offen lässt.

Unsere Aufgabe ist es, die Kompetenz zu erhöhen -  den Handlungsspielraum zu erweitern, indem wir Verhalten trainieren, Verhaltensmöglichkeiten aufzeigen, Konsequenzen von Verhalten deutlich machen, unsere Wahrnehmung spiegeln.
Unsere Arbeit ist geprägt von der Auffassung, dass jeder Mensch kompetent sein will und auch bereits ist.
Der Blickwinkel ist dabei auf die Ressourcen gelegt, die es auszubauen gilt.

3.Würde. Unsere Klienten sind erwachsen und haben das Recht auf Selbstbestimmung.
Ein würdevoller Umgang bedeutet für uns die unbedingte Achtung dieses Selbstbestimmungsrechtes.

Wir orientieren uns dabei am Konzept des Empowerment.
Wörtlich übersetzt bedeutet Empowerment Bemächtigung, d.h. das Bewusstsein, Situationen oder Ereignisse prinzipiell beeinflussen zu können.
Empowerment zielt auf die Selbstbemächtigung von Menschen in Lebenskrisen ab.
Konkret bedeutet dies die Abkehr vom defizitorienterten Verständnis, das den Blick auf die Schwachstellen und Mängel beim Klienten richtet, hin zu seinen Ressourcen und Stärken.
Diese Ressourcen und Stärken, die innerhalb der gegebenen, oft schwierigen aktuellen Rahmenbedingungen (noch) vorhanden sind, gilt es zu fördern.
Würde bedeutet für uns, den individuellen Weg unserer Klienten zu respektieren, ebenso wie ihr eigenes Zeitmaß dafür.

4.Selbstverwirklichung und 5.Anpassung.
Zwischen den zwei Polen Selbstverwirklichung und Anpassung bewegt sich auch das Leben von Menschen mit Behinderung.

Selbstverwirklichung umschreibt den Wunsch, individuelle Wünsche erfüllt zu bekommen, seine Bedürfnisse zu leben, sie fokussiert die Seite des Individuums.

Anpassung umschreibt die Zugeständnisse, die die Gemeinschaft von Individuen fordert (z.B. Bedürfnisse zurückstecken, Wünsche verschieben oder verkleinern, etc.), damit sie als Teil der Gemeinschaft betrachtet werden.

Das „Sicherheitskorsett“ traditioneller Bindungen (und damit vorbestimmter Lebensformen) löst sich in unserer Gesellschaft zunehmend auf.
 
Zunehmend müssen Menschen ihr Leben aktiv gestalten und organisieren. Jeder muss lernen, für sich zu handeln und zu planen, d.h. die Lebensgestaltung wird offen. Der Mensch steht ständig vor Wahl- und Entscheidungssituationen und wird dabei noch mit den  Plänen und Entwürfen anderer konfrontiert.

Zum einen unterstützen wir unsere Klienten, zwischen den beiden o.g. Polen auszubalancieren, d.h. wieviel Individualität ist möglich –  wieviel Anpassung ist nötig.

Andererseits nehmen wir eine Vermittlerrolle zur Außenwelt ein und versuchen, über diese Rolle für Verständnis zu werben, um den individuellen Freiraum zu erweitern.

Die gemeinsam gefundenen Begriffe fassten die Mitarbeiter zu einer Mission, einem Leitbild, zusammen:

 

VIADUKT – Wir fördern die Integration von Menschen mit Behinderung durch Erhöhung Ihrer Kompetenz und immer unter Wahrung ihrer Würde.
Dabei begleiten wir sie bei der Suche nach ihrem individuellen Weg zwischen Selbstverwirklichung und Anpassung.